Der fahrende Holländer
Neulich, an einem Samstag zur Mittagszeit: Ich lief durch einen Teil der Innenstadt, wo es kaum Läden gibt, nur Wohnhäuser. Leute, die hier nicht wohnen, verschlägt es normalerweise nur dann in diese Ecke, wenn sie keinen Parkplatz in zentraler Lage finden. Das war nicht mein Problem ... Ich war zu Fuß unterwegs und auf dem Heimweg. Von der Seite näherte sich mir ein Mann um die 60 und es war ihm anzusehen, dass er etwas auf dem Herzen hatte. Gleich würde er mich ansprechen - was er auch tat: "Entschuldigung, ich bin Holländer!" - das waren seine Worte. Ich weiß, viele von Ihnen hätten jetzt zu ihm gesagt: "Macht doch nichts ... ist nicht so schlimm ... kann doch jedem passieren!" - und wären dann einfach weitergegangen. Aber ich hatte das bestimmte Gefühl, dass Holländer zu sein nicht das einzige und vielleicht nicht einmal das größte Problem dieses Mannes war. Das war es auch wirklich nicht, wie sich gleich zeigen sollte.
Aber erst einmal wollte er mich besser kennenlernen: "Sind Sie hier aus der Stadt?" Ich bejahte, weil ich dachte, dass mir das nicht unbedingt schaden würde ... und ihn schien das zu ermutigen: er nahm es als gute Nachricht auf. Dann fasste er allen Mut zusammen und fragte: "Darf ich hier parken?" Ich weiß ja nicht, wie es um die gesetzlichen Regelungen im Königreich der Vereinigten Niederlande steht, hier jedenfalls, in diesem Land, ist man als Passant nicht ermächtigt, Parkerlaubnisse oder -verbote auszusprechen. Nicht einmal dann, wenn man ein ordnungsgemäß gemeldeter Bewohner der Stadt ist, in der ein Parkplatz lokalisiert ist.
Ich war überfordert ... restlos. Da geht man nichts ahnend und nur mal kurz um dem Block, um frische Luft zu schnappen ... und dann sowas. Außerdem hatte ich noch daran zu kauen, dass ich mich als Deutscher ja eigentlich bei ihm, dem Holländer, hätte entschuldigen müssen: für die Bombardierung von Rotterdam und das Endspiel von 74 etwa. Andererseits ... wir haben es von den Holländern ja knüppeldicke zurüchbekommen ... ich sage nur: Heintje, Vadder Abraham, Linda de Mol. So gesehen waren wir quitt. Aber konnte ich diesem Holländer wirklich einen Parkplatz verschaffen, jetzt, wo wir wieder im Reinen miteinander waren?
Das geht über meine Fähigkeiten. Gott kann ja Räume und Rechte aus dem Nichts entstehen lassen ... ich nicht. Und während ich noch so langsam vor mich hin zweifelte, fiel mein Blick auf ein Schild: Privatparkplatz. Dieses Schild hing an dem Zaun vor dem Wagen des Holländers. Er hatte ihn dort schon mal provisorisch abgestellt und wollte jetzt, mit meiner Hilfe, sein Tun nachträglich legitimieren lassen. Aber ich konnte ihm da nicht helfen. Das hat er wohl schon geahnt, denn das Schild hatte er auch schon gesehen. Im Grunde genommen war er so verzweifelt wie ich. Irgendwo musste er den Wagen ja abstellen - und wie ein verzweifelter Mensch nun mal drauf ist: er klammerte sich an jeden sich bietenden Strohhalm.
Ich sagte nur: "Privatparkplatz ... besser nicht ... Ordnungsamt ... auch am Wochenende!" Er verstand, dass es nichts mehr zu hoffen gab, nicht hier, nicht jetzt, nicht mit mir. Und so ging er zum Wagen zurück. Ich rief ihm noch ein "Viel Glück!" hinterher - und hoffte, er würde das nicht als Spott verstehen. Denn er war verdammt ... Er war dazu verurteilt, noch Stunde um Stunde, vielleicht Tage, Monate und Jahre, vielleicht sogar für immer auf diesen Straßen seine Runden zu drehen, auf der vergeblichen Suche nach einem Parkplatz.
Ja, meine Damen und Herren, was Sie hier lesen, das ist so etwas wie mein Beitrag zum Wagner-Jahr: der Holländer fliegt nicht mehr, er fährt ... für immer und ewig. Und was noch besser ist: Er singt nicht ...
Aber erst einmal wollte er mich besser kennenlernen: "Sind Sie hier aus der Stadt?" Ich bejahte, weil ich dachte, dass mir das nicht unbedingt schaden würde ... und ihn schien das zu ermutigen: er nahm es als gute Nachricht auf. Dann fasste er allen Mut zusammen und fragte: "Darf ich hier parken?" Ich weiß ja nicht, wie es um die gesetzlichen Regelungen im Königreich der Vereinigten Niederlande steht, hier jedenfalls, in diesem Land, ist man als Passant nicht ermächtigt, Parkerlaubnisse oder -verbote auszusprechen. Nicht einmal dann, wenn man ein ordnungsgemäß gemeldeter Bewohner der Stadt ist, in der ein Parkplatz lokalisiert ist.
Ich war überfordert ... restlos. Da geht man nichts ahnend und nur mal kurz um dem Block, um frische Luft zu schnappen ... und dann sowas. Außerdem hatte ich noch daran zu kauen, dass ich mich als Deutscher ja eigentlich bei ihm, dem Holländer, hätte entschuldigen müssen: für die Bombardierung von Rotterdam und das Endspiel von 74 etwa. Andererseits ... wir haben es von den Holländern ja knüppeldicke zurüchbekommen ... ich sage nur: Heintje, Vadder Abraham, Linda de Mol. So gesehen waren wir quitt. Aber konnte ich diesem Holländer wirklich einen Parkplatz verschaffen, jetzt, wo wir wieder im Reinen miteinander waren?
Das geht über meine Fähigkeiten. Gott kann ja Räume und Rechte aus dem Nichts entstehen lassen ... ich nicht. Und während ich noch so langsam vor mich hin zweifelte, fiel mein Blick auf ein Schild: Privatparkplatz. Dieses Schild hing an dem Zaun vor dem Wagen des Holländers. Er hatte ihn dort schon mal provisorisch abgestellt und wollte jetzt, mit meiner Hilfe, sein Tun nachträglich legitimieren lassen. Aber ich konnte ihm da nicht helfen. Das hat er wohl schon geahnt, denn das Schild hatte er auch schon gesehen. Im Grunde genommen war er so verzweifelt wie ich. Irgendwo musste er den Wagen ja abstellen - und wie ein verzweifelter Mensch nun mal drauf ist: er klammerte sich an jeden sich bietenden Strohhalm.
Ich sagte nur: "Privatparkplatz ... besser nicht ... Ordnungsamt ... auch am Wochenende!" Er verstand, dass es nichts mehr zu hoffen gab, nicht hier, nicht jetzt, nicht mit mir. Und so ging er zum Wagen zurück. Ich rief ihm noch ein "Viel Glück!" hinterher - und hoffte, er würde das nicht als Spott verstehen. Denn er war verdammt ... Er war dazu verurteilt, noch Stunde um Stunde, vielleicht Tage, Monate und Jahre, vielleicht sogar für immer auf diesen Straßen seine Runden zu drehen, auf der vergeblichen Suche nach einem Parkplatz.
Ja, meine Damen und Herren, was Sie hier lesen, das ist so etwas wie mein Beitrag zum Wagner-Jahr: der Holländer fliegt nicht mehr, er fährt ... für immer und ewig. Und was noch besser ist: Er singt nicht ...
PeterMiese - 6. Jun, 11:15